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Literatur Sommer 2018
Frauen in der Literatur
Veranstaltung am 28.07.2018-20 Uhr
Open-Air-Lesung vor dem Rathaus
in der Schillerstadt Marbach

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Als Schilleraner aus Schillers Asylort Bauerbach1782/83 hatten wir uns den Besuch dieser Veranstaltung lange vorgemerkt. Sind wir doch schon seit 2013 eng mit Schiller und Marbach verbunden, vor allem alljährlich zum Schillergeburtstag sind wir in Marbach zur "Schillerhuldigung" anwesend. Nun war es soweit. Nach dem immer wiederkehrenden Blick in "Schillersgeburtshaus" mit Plausch mit den Mitarbeitern und einer Stippvisite im "Antiquariat Friedrich" bei Herrn Laing waren wir mitten unter den zahlreichen Zuhörern dieser Veranstaltung - voller Begeisterung, einfach toll und voll des Lobes an Herrn Birger Laing !

Auf spannende und amüsante Weise ergründete die Lesung Schillers Bild von den Frauen:
⇒ als Regimentsmedikus liebte er Soldatenweiber;
⇒ als Dichter heiratete er eine Adlige, wünschte er sich eine Ehefrau, die ihm ganz ergeben sei und
in seinen Werken schuf er unvergängliche Frauenfiguren, die stark sind, so stark, dass sie gar keinen Ehemann wollen.

Zum Beispiel:
⇒ In "Kabale und Liebe" - gesteht Lady Milford ihrer Kammerzofe Sophie: "Wir Frauenzimmer können nur zwischen Herrschen und Dienen wählen, aber die höchste Wonne der Gewalt ist doch nur ein elender Behelf, wenn uns die größere Wonne versagt wird, Sklavin eines Mannes zu sein, den wir lieben."
⇒ "Und drinnen waltet die züchtige Hausfrau, die Mutter der Kinder" - aus "Das Lied von der Glocke".
⇒ "Ich sehe durch ganz Asien das Weib erniedrigt, und zum Sklavenjoch verdammt, und rächen will ich mein beleidigtes Geschlecht an diesem stolzen Männervolke" - so die herzlose und blutrünstige chinesische Prinzessin Turandot.

Wieviel ist Wahrheit - wieviel Dichtung ?

Vielleicht hatten Sie schon die Antwort oder finden darauf eine in nachfolgendem Beitrag:
"Schillers Frauen schwirren durch Marbach "von Cornelia Ohst in der Marbacher Zeitung vom 29. Juli 2018

Noch eine Buch-Empfehlung zu Schiller und die Frauen dazu von mir:
"Schillers Frauengestalten" von Julius Burggraf; Stuttgart;Verlag von Carl Krabbe; 1897

Übrigens: dieses Buch habe ich extra zur Vertiefung meiner Kenntnisse nach dieser Veranstaltung bei Herrn Laing in seinem "Antiquariat Friedrich" erstanden.

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Marbach Schillers Frauen schwirren durch die Stadt Von Cornelia Ohst 29.07.2018 - 17:00 Uhr

Marbach - Schiller ist nicht nur eine schillernde, längst verstorbene Dichterfigur; mit seinem geistigen Vermächtnis bietet er selbst heute noch aktuelle Anknüpfungspunkte, um über die Rolle der Frau wie auch über die Gleichberechtigung der Geschlechter nachzudenken. Auf ganz charmante und eindrückliche Weise ist dies am Samstagabend gelungen, als die Stadt Marbach und der Schillerverein zur Lesung vor dem Rathaus geladen hatten.

Dort schien anfangs die Sonne noch über den Dächern, als die beiden Sprecher, Antje Rennicke und Tobias Grauer, unter freiem Himmel einen Texteteppich ausbreiteten, der auf spannende und amüsante Weise Schillers Frauenbild ergründen sollte. Die Voraussetzung dazu hat Birger Laing geschaffen. Mit seinem anregenden Text-Gewebe aus trefflichen Zitaten, Briefauszügen, Gedichten sowie den markanten Worten, die Schiller den Frauenfiguren in seinen Dramen in den Mund legt, gelang es Laing, den Zuhörern der dritten Lesung im Rahmen des Marbacher Literatursommers einen seidig-glänzenden Schal um die Schultern zu legen. Der wärmte innerlich, erheiterte und machte durchaus auch nachdenklich. Denn Schiller steht wie kaum ein anderer für die Freiheit des Menschen. Ob er der Frau dieselben Rechte einräumte?

Die Uraufführung direkt vor dem Rathaus zeigte eines deutlich: Schillers Dichtergenie und seine eigene Zerrissenheit. Der junge Schriftsteller fiel durch Verwegenheit auf, ließ sich bisweilen von Liebes-Gefühlen überfluten und war nicht immer wählerisch, was seine Beziehungen zu Frauen anbetraf. Und doch sehnte sich der Dichter offensichtlich „nach einer bürgerlichen und häuslichen Existenz und war fest entschlossen, gefesselt zu werden“.

Berührend war gleich zu Beginn der Briefkontakt mit seiner Mutter: Diese beklagte die häusliche Situation mit dem Vater und zeichnete das traurige Bild einer Ehe. Dass er die Frauen, mit dener er enge Verhältnisse knüpfte, durchaus verstehen wollte, zeigten folgende Worte, mit denen er etwa Charlotte von Kalb beschrieb: „Charlotte ist eine große sonderbare weibliche Seele, ein wirkliches Studium für mich, die einem größeren Geist als der meinige ist, zu schaffen geben kann“. Herauskristallisiert hat sich bei der akustisch so angenehmen und facettenreichen Lektüre dieses: Schiller schuf literarisch Gestalten, „die er nie geheiratet hätte und die nicht zu seinem eigenen Wunschbild passten. Wenn er eine Frau suchte, dann keine, die eigene hochfliegende Pläne hatte“. Schiller wollte vielmehr „eine Familie gründen, das Glück mit Frau und Kind genießen“.

Was den Abend für die Besucher der Lesung so außerordentlich angenehm machte, waren nicht allein die prächtig dargebotenen Textbeispiele, die von den beiden Sprechern emotional, energetisch ausdrucksstark sowie mitreißend und mit würdigem Duktus gesprochen waren. Schließlich stellte Laing ja plastisch gegenüber, was Schiller an persönlicher Diskrepanz durchlebt hat. So ließ er neben dessen Wortkaskaden zum Ideal einer Ehefrau – Gedanken übrigens, bei denen einige Zeitgenossen Schillers „vor Lachen fast von den Stühlen gefallen sind“ – freilich auch die kraftvollen, ja kämpferischen Passagen der weiblichen Protagonisten in Schillers Dramen zu Wort kommen. Ein faszinierendes Wechselspiel.

Die bereichernde Wirkung der Musik aber hat das Erleben im nächtlichen Marbach noch gesteigert: Yasuyo Münch am elektronischen Klavier und Christian Treiber mit der Klarinette erzeugten eine atmosphärisch dichte Situation, die intensiv auf das Gesprochene einwirkte. Faszinierend feinsinnig und gefühlsreich erklang dabei die Klarinette, die von den sparsam eingebundenen Tastentönen genial umrahmt wurde.

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