Was sonst noch am 7. Dezember 1782 geschah:
"Ankunft Friedrich Schillers in Bauerbach."

*** zu Schillers Ankunft in Bauerbach und eine Episode
"Schiller am Christabend 1782 in Bauerbach " hier zu lesen.

Verweis auf Mail:
Licht in der dunklen Jahreszeit -
der Schillerort Bauerbach erstrahlt hell
im festlichen Glanz


Einem Nikolaus ist Schiller nicht begegnet.
Seine Ankunft war erst am 7. Dezember 1782 in Bauerbach.

about

Schillers Ankunft in Bauerbach am 7.12.1782
(Auszüge aus: Gero von Wilpert; Schiller-Chronik; Reclam und Universal Bibliothek; 2000)
1782, Dezember 1.
Abreise von Worms in Richtung Sachsen über Frankfurt und Gelnhausen, bei der außerordentlich strengen Kälte
ohne schützende Kleidung, nur im leichten Überrock. Insgesamt 65 Wegstunden.
1782, Dezember 7.
nach siebentägiger Fahrt im Postwagen morgens Ankunft in Meiningen, Gasthof zum Hirsch.
Dort erstesZusammentreffen mit dem Bibliothekar F.H. Reinwald, seinem späteren Schwager,
an den ihn Henriette von Wolzogen empfohlen hat und den er zum Mittagessen einlädt.
Abends Ankunft in Bauerbach bei Gutsverwalter und Lehrer Vogt auf dem Gut der Frau von Wolzogen.
Schiller lebt fortan inkognito als Dr. Ritter. Seine Gemütsverfassung wiederspiegelte sich
in Briefen an seine Freunde.
Bereits am nächsten Tag berichtete er von seiner geglückten Reise. "Ich bin froh, endlich hier angekommen zu sein.
Ich fühlte mich wie ein Schiffbrüchiger, der nach einem langen mühsamen Kampf durch die Wellen
endlich das rettende Ufer erreicht hat."
Seinen Freund Streicher informierte er im Brief sofort von seiner Ankunft und berichtete ihm von den Bequemlichkeiten,
die ihm hier im Asyl beschert worden waren: Alles war aufs Trefflichste gerichtet. Es fehlte weder an Kost und Bedienung,
noch an Wäsche, und auch für einen warmen Ofen wurde stets von den Leuten des Dorfes gesorgt.
Ganz gelassen konnte er sich hier nur um seinem Schreiben widmen und an der Fertigstellung seiner Stücke arbeiten.

Liebster Freund!
"Endlich bin ich hier, glüklich und vergnügt, daß ich einmal am Ufer bin. Ich traf alles noch über meine Wünsche;
keine Bedürfnisse ängstigen mich mehr, kein Querstrich von außen soll meine dichterischen Träume, meine idealischen
Täuschungen stören. Das Haus meiner Wolzogen ist ein recht hübsches und artiges Gebäude, wo ich die Stadt gar nicht
vermisse. Ich habe alle Bequemlichkeit, Kost, Bedienung, Wäsche, Feuerung und alle diese Sachen werden von den Leuten
des Dorfes auf das Vollkommenste und Willigste besorgt."

(Friedrich Schiller an seinen Fluchtgefährten Andreas Streicher. Bauerbach, 8. Dezember 1782)

"Ich kam Abends hierher – Sie müssen wissen, daß es von Frankfurt aus 45 Stunden hierher war
– zeigte meine Briefe auf und wurde feierlich in die Wohnung der Herrschaft abgeholt, wo man alles aufgepuzt, eingeheizt
und schon Betten hergeschafft hatte. "Izt kann ich Ihnen mit aufgeheitertem Gemüth schreiben, denn ich bin an Ort und Stelle,
wie ein Schiffbrüchiger, der sich mühsam aus den Wogen gekämpft hat."

(Friedrich Schiller an F. Schwan, den Verleger seines Erstlingsdramas «Die Räuber«. Bauerbach, 8. Dezember 1782)


Eine Episode: "Schiller am Christabend 1782 in Bauerbach"
Auszug aus: Friedrich von Schiller. Wanderfahrten eines Dichterfürsten.
Der deutschen Jugend erzählt von Conr. Fischer-Sallstein; Berlin Globus Verlag GmbH aus dem 11. Kapitel: "Der Wanderer"

"Aus dem Waldweg von Untermaßfeld heraus kommt ein einsamer Wanderer. Seine Gedanken kreisen, wen soll er fragen,
wer gibt Antwort: Wo lege ich nun mein Haupt hin? Ich habe keine Heimat mehr. Ob das Bauernbach,
glückliches Ziel meiner Wanderschaft ist? "Dieser junge Wanderer war Friedrich Schiller."

•"Schiller stellte Reinwald seine Pläne für die Zukunft vor. Ich werde in Bauernbach solange bleiben,
bis ich meine beiden neuen Werke "Die Verschwörung des Fiesko" und "Luise Millerin" vollendet habe.
Dann gehe ich nach Mannheim und beginne meinen Flug am Sternenhimmel des Ruhmes und der Ehre."

• "Schiller, allein im Landhaus der Wolzogens in Bauerbach, gab sich von nun ab seinen Dichtungen hin.
Die Winterstürme kamen, Schnee bedeckte Wald und Flur. Da, in dieser Einsamkeit des Jahres 1782, kam Weihnachten heran.
Einsam und allein saß Schiller am Christabend in seiner Wohnung und blickte beim Dämmerschein aus dem Fenster und sah
den Schneeflocken zu. Das war das erste Christfest, dass er ohne die Seinen verbrachte. Als Karlsschüler, als Regimentsmedikus,
gönnte ihm der Herzog immer mit Freuden den nötigen Urlaub. Jetzt aber, wo er frei war, so frei, wie er immer sein wollte, um
dichten und trachten zu können, war er weit weg vom Elternhaus. Sein Gemüt war bedrückt, sein Herz klagte leise, das Bild der
Christbescherung im Elternhause erfüllte seine Seele mit Heimweh."

•"Da glaubte er den Hufschlag eines Pferdes zu vernehmen, das sich durch den hohen Schnee mühsam den Weg sucht. Er trat
ans Fenster. Nein, er hatte sich nicht getäuscht. Der Verwalter, welcher den Gutshof bewirtschaftete, trat ans Tor und ließ einen
Reiter herein. Als er von unten seinen Namen nennen hörte, geriet er in Erregung. Wer dachte an mich zu dieser heiligen Stunde,
fragte er sich. Eine kräftige Hand pochte an die Türe., Erwartungsvoll bot er sein herein. Ein kräftiger Bursche, mit langem Bart,
angetan mit einem grauen langen schneebedeckten Mantel trat über die Schwelle. Mit dem mächtigen Pack unterm Arm, der tief in die
Stirn gedrückten Pelzmütze, erschien er ihm wie der Knecht Ruprecht mit seinem Sack und seiner Rute,
der nie im Elternhaus zu Weihnachten fehlte."

• "Ich komme von Meiningen heraus, erklärte der Knecht Ruprecht, und habe vom Herrn Hofrat Reinwald den Auftrag erhalten,
auf Weihnachtsabend den Pack da zu Ihnen zu bringen. Ehe er auch nur eine Frage an den Überbringer richten konnte, hatte dieser
das schwere Pack auf einen Stuhl gelegt und war schon verschwunden."

•"Wer dachte an mich, fragte er sich, nahm das Pack und öffnete es. Zuerst fiel ihm Honigbrot, brauner Lebkuchen und
dann noch ein schönes Stück schwäbisches Hutzelbrot in die Hände. Dann schälte er vorsichtig mit zitternder Hand Butter-gebackenes
und Anisbretzen aus der Umhüllung hervor. Diesen schönen Herrlichkeiten schlossen sich warme Strümpfe, wollene Unterkleider
und ein Gebetbuch an."

• "Nein, er kanns nicht glauben - und doch, das Herz will ihm brechen. - Da liegt ein herzliches Schreiben von der
Mutterhand! Er nimmt das Schreiben, liest, und er weiß, wer an ihn gedacht hat - Das Mutterherz!"

•"Nach schönen, aber oft einsamen Tagen von Bauernbach ergriff der Dichter abermals den Wanderstab und wagte den Sprung
zurück an die erste Stätte seines Glückes, nach der kunstsinnigen Stadt Mannheim. Mit einem Schatze von Plänen und Entwürfen
inbetreff seines dichterischen Schaffens langte der Dichter Ende Juli 1783 in Mannheim an."

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Mutig und menschlich:
Wie Henriette von Wolzogen einen Deserteur rettete
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Friedrich Schiller (aus einem Brief an Wilhelm Reinwald)
Mannheim, den 5. Mai 1784
"Halten Sie es für kein leeres Geschwätz, wenn ich Ihnen gestehe,
daß mein Aufenthalt in Bauerbach bis jetzt mein seligster gewesen,
der vielleicht nie wieder kommen wird."

Schiller und Bauerbach

about
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Dorfkirche Bauerbach

In der Dorfkirche von Bauerbach befinden sich die drei Grabstätten der Familie von Wolzogen,
darunter ebenfalls die von Friedrich Schillers Asylgeberin Henriette.

Info

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Eine respektable Schuldenrechnung in den damaligen Währungen Gulden, Batzen, Kreuzer und Pfennig,
die der Wirt dem abgereisten »Herrn von Ritter« da aufmacht!

Info

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Das idyllisch gelegene Naturtheater "Friedrich Schiller" in Bauerbach bei Meiningen wurde im Jahr 1959
mit der Aufführung des Stückes "Wilhelm Tell" gegründet.

Info

Bauerbach-Zuflucht für Friedrich Schiller

Acht Monate war Bauerbach die Zuflucht von Friedrich Schiller. Seit über hundert Jahren
lebt der kleine Ort Bauerbach für Museum, Drama, Bühne, Vers und Szene.

Eine Reise lohnt sich:

"Endlich bin ich hier, glücklich und vergnügt, dass ich einmal am Ufer bin. Ich traf alles noch über meine Wünsche.
Keine Bedürfnisse ängstigen mich mehr, kein Querstrich von außen soll meine dichterischen Träume, meine idealischen Täuschungen stören."
Schiller, der träumende und flüchtende Dichter, kam am 7. Dezember 1782 zu Fuß die knapp über 10 Kilometer von Meiningen her. Auf welchem Weg?
Vielleicht am Bergrand entlang? Es dunkelte bereits, aber er konnte das tief verschneite Bauerbach, sein Exil für die nächsten Monate, wie
sorgsam hineingelegt ins Tal zwischen Thüringer Wald und bayerischer Rhön wohl sehen. Das mag sein von Nöten wie Verfolgungsängsten bedrücktes
Gemüt ein wenig vergnügt gestimmt haben. Heute noch ist der Blick von der Anhöhe hinab auf die Handvoll Häuser schlicht und anmutig.
Vielleicht näherte er sich dem Ort aber auch von der gegenüber liegenden Seite?
Dann war es der für eine kleine Landgemeinde mit gerade mal 300 Einwohnern große jüdische Friedhof am Waldrand, der seine erste Aufmerksamkeit erregte.
Ein Jude übrigens, der Bürger Mattich, war die nächste Zeit einer der wenigen Menschen, mit denen Schiller hier in der Einöde enger in Kontakt kam, als
er sich zurückzog, um "nur Dichter" zu sein. Die Grabsteine stehen jetzt in ihren Reihen krumm zwischen den Bäumen; in Bauerbach gibt es seit der
Deportation der letzten 2 jüdischen Frauen nach Theresienstadt 1943 keine Juden mehr.
Oder lief Schiller auf der Straße, die heute bequem asphaltiert Bauerbach mit dem Rest der Welt verbindet?
Wäre er links in einen Waldweg kurz vor dem Dorf abgebogen, hätte er im „Großen Graben“ einen idyllischen Platz gefunden, eine
kleine versteckte Lichtung, die vielleicht auch ihm wie eine ideale Naturbühne vorgekommen wäre. Zwei Jahrhunderte später
spielen die Dorfbewohner genau dort seine Stücke.

Seine Stücke:

Er hatte ja erst „Die Räuber“ fertig geschrieben. Das Stück hatte ihm zunächst einmal zwar rauschenden Beifall,
aber dann auch eine Menge Ärger eingebracht. "Die Räuber" waren der Grund, warum er den Weg in diese gottverlassene Gegend hatte antreten
müssen, gejagt von der Obrigkeit, die sich verunglimpft sah, angewiesen auf Wohlwollen und Geld der Henriette von Wolzogen. In Bauerbach
konnte er durchatmen: "Alle Bequemlichkeiten, Kost, Bedienung, Wäsche, Feuerung, und all diese Sachen" waren von den Leuten des Dorfes
"auf das vollkommenste" besorgt worden.“ Dabei wussten die gar nicht, wen sie vor sich hatten - der Dichter reiste unter Pseudonym, nannte
sich "Dr. Ritter". Sie konnten nicht ahnen, dass mit dem richtigen Namen des schweigsamen Gastes später einmal Bauerbach in die Geschichte
eingehen, dass über Schiller und über Bauerbach geschrieben würde.
Immerhin nennt sich Bauerbach, noch immer ein 270-Seelen-Dorf, stolz "Schiller-Ort":
in der Mitte das stattliche Fachwerkhaus, in dem der Dichter wohnte. Es ist heute Museum.


schillerhaus winter

gedenkstein

Unweit ein Gedenkstein zur Erinnerung an seinen Aufenthalt in Bauerbach.
wandbild

Vorbei an einem kleinen Häuschen mit einem Wandbild zur Erinnerung an Schillers Ankunft im Ort steht man vor der Dorfkirche.

dorfkirche
Im Gasthof „Zum braunen Ross“, in dem Schiller seine Mahlzeiten einnahm und die Fassade zieren Textzeilen aus
„Der wunderseltsamen Historia …„, einem Spottgedicht aus der Feder des Dichters;
an einer Hausfassade das Foto von einer Theateraufführung in Bauerbach mit einem Schillerzitat
"Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit“.

In Bauerbach spielte man Schiller schon seit 1905. Zunächst mit Schülern, dann kamen richtige Schauspieler
vom Meininger Theater, seit 1959 ist es die Bevölkerung, die sich der Dramen annimmt.
Auf alten Amateurfilmen sieht man Heerscharen von Statisten, die sich auf der Szene drängen: Frauen, Männer, kleine Kinder und Greise
in historischen Kostümen bejubeln den Rütli-Schwur, formieren sich zur Räuberbande; wer nicht spielte, besorgte die Technik oder bewirtete
die Gäste. So ist das heute noch. Schiller dankte es schon mal vorab in einem Brief von 1783:
"Bauerbach ist gewiß keine Barbarei. Ich habe schon manche Feinheit an den Leuten entdeckt, die mir um so schätzbarer war, je weniger ich sie der rohen Natur zugetraut hätte. Vielleicht sind diese Menschen von den übrigen sich besser Dünkenden nur wie die Gipsfigur von dem Gemälde zu unterscheiden."

Seit der Wende setzt man hier ganz auf Kulturtourismus. Die Besucher werden auf der Naturbühne klassisch unterhalten, selbstbewusst durch das Schiller-Museum geführt und stilecht verköstigt im Gasthaus "Zum braunen Roß",

gasthaus zum braunen ross
rechnung
wo der Dichter beim überstürzten Aufbruch im Juli 1783 die Zeche prellte - unter anderem 14 Eßen, 145 Maß und vier Eimer Bier.
Wer den Wirt fragt, darf sogar mal auf der garantiert echten Schiller-Bank am Schillertisch sitzen.

Die heutigen Bauerbacher nehmen diese Distanzierung gelassen: "Dem Manne kann geholfen werden", gemeint ist, dass sie Schiller auch in Zukunft nicht im Stich lassen werden. Selbst wenn der sagte:“sein Aufenthalt hier sei wohl "nur eine schöne Laune" seines Schicksals gewesen.“